
Samstag, 10. Mai, Sada – Pazo Santa Cruz de Ribadulla und Pazo de Oca
Pedro, der Hafenmeister hat uns in der Werkstatt nebenan ein Mietauto organisiert, für 60,- Euro am Tag. Wirklich kein Schnapper, aber praktisch, dass es heute morgen direkt vor dem Hafen steht. Seit Jahren träume ich davon im Februar/März nach Galicien zu fahren, um in den Gärten der alten Herrenhäusern die Kamelien zu bewundern. Im 17. Jahrhundert brachten die Portugiesen das Gehölz mit den zauberhaften Blüten nach Europa und lernten von den Chinesen, das aus den Blättern und Blüten Tee bereitet werden kann.
Die Kamelienreiseunterlagen hatte ich mitgenommen und nach einigen Recherchen ein paar Pazos im Umkreis von 80 km gefunden, die man besuchen kann. Einige sind öffentlich und das ganze Jahr zugänglich, andere nur in der Kamelien Saison im Februar/März. Es ist nicht immer ganz leicht zu verstehen, wie die Öffnungszeiten sind, aber als wir um 10.00 Uhr vor dem Pazo Santa Cruz de Ribadulla, einige Kilometer südlich von Santiago de Compostela stehen, öffnet uns nach dem Klingeln am großen Tor, ein Gärtner mit seinem sehr verspieltem Hund, der mit Marcus Fussball spielen möchte. Uns wird ein weiteres Tor zum Garten geöffnet und wir stehen in einem verwunschenen, nassen, düsteren Garten mit Baumfarnen, Eukalyptusbäumen, riesigen Buchsbäumen, Liridodendren, Eichen und Magnolien und einem alten Gewächshaus welches leider versperrt ist.
Die Tropfen fallen von den Blättern und der Regen lässt allmählich nach. Wir wandeln durch die grüne Vielfalt und gelangen zu einem großen Wasserbecken, rundherum stehen Moos bewachsene Sitzbänke und Tische aus Granit, um sich auf darauf niederzulassen, falls es nicht nass und frisch ist, wie bei unserem Besuch. Die Figuren und Brunnen sind alle stilvoll und in wunderschöner Proportion. Auf dem Weg zu den alten Anzuchtbeeten hat sich leider ein großer Bambus ausgebreitet und treibt sein Unwesen, auch wenn versucht wird ihm Einhalt zu gebieten. Die Beete werden nicht mehr genutzt, dafür überspannen zarte, kleine Rosenblüten in cremeweiß die große Fläche. Mindestens zwölf Kletterrosen sind kunstvoll in eine Pergola gewebt und fangen an, die Blüten an den Rispen zu öffnen.
Vor dem Haus gibt es einen formalen Garten mit quadratischen Beeten für Blumen. Es blühen einige Iris und wenige Rosen. Verschiedene Orangenbäume mit Früchten und intensiv duftenden Blüten stehen direkt unter den Fenstern des Pazo.
Lange halten wir uns bei den Kamelien auf, die in einer langen Reihe links und rechts von einem Weg gepflanzt sind. Es gibt noch viele Blüten an den Sträuchern zu entdecken, obwohl die Kameliensaison schon vorbei ist. Die Zeit reicht gar nicht, um mit Hilfe des detaillierten Plans die alten Kamelien aus dem 19. Jahrhundert zu suchen (1820-1899) Auch die Cascade mit Flusslauf ist mir entgangen und was mich am meisten ärgert, die alte Allee aus Olivenbäumen. Es ist mittlerweile fast 14.00 Uhr und der Gärtner hat uns eingeschlossen. Wir suchen etwas panisch den Ausgang, anstatt noch einmal alles in Ruhe anzuschauen und nehmen schließlich den Trampelpfad im Wald (offensichtlich nicht die ersten) und kletterten über den Stacheldrahtzaun nach draußen.
Für ein ausgiebiges Mittagessen, wie es die Spanier am Wochende gerne haben, hat Marcus natürlich direkt wieder einen Landgasthof am Ria Ulla gefunden. 14.30 Uhr ist für die Spanier kein spätes Mittagessen.
Die Reise der Kamelien
Die Geschichte besagt, dass Marco Polo und seine Armee von den Chinesen lernten, dass Kamelien nicht nur schön sind, sondern, dass ihre Blüten getrocknet werden können um damit einen Tee zuzubereiten der reich an Vitamin C ist – eine wertvolle Entdeckung für die Seefahrer, die für Skorbut anfällig waren. Als seine Schiffe an den portugiesischen Häfen ankerten, fanden die Kameliensamen ihren Weg nach Galizien, in den Nordwesten Spaniens, wo das Klima und die Umweltbedingungen ideal für das Wachstum der Pflanze waren.
Heute, Jahrhunderte später, sind die Farbtupfer ein willkommener Vorbote des Frühjahrs. Sie wurden zurerst in den Gärten der Pazos gepflanzt – den Herrenhäusern des galicischen Adels auf dem Land – und schlussendlich auch in den Gärten der gesamten Region, wodurch Galicien weltweit führend in Kamelien wurde.
Der zweite Garten für Samstag ist nicht weit entfernt. Pazo de Oca‚ die „Perle des galicischen Barock“ mit einem kleinen Palast, einer Kirche sowie einer Gartenanlage mit Springbrunnen und Wasserspielen, Teichen mit künstlichen Inseln für Skulpturen aus Stein und echten Enten und Gänsen, Irrgarten aus Kamelien, Gemüsegarten und Formschnittgarten. Das ganze umgeben von Wald und Weinfeldern. Auch hier klingeln wir an der Palastpforte und werden eingelassen.
Wir sind überwältigt von der Pracht und von den unzähligen Geräuschen, die das sprudelte Wasser aus Brunnen und Fontänen überall erzeugt. Von leise plätschern, bis tosend laut ist alles dabei. Es blühen noch einige Kamelien und Rhododendren, weiße Callas umstehen die Brunnen, ein paar Iris stehen zwischen den großen, alten Bäumen. Kunstvoll sind die alten Magnolien, Eukalyptus und Kamelien gelichtet worden, es ist kaum zu sehen, dass einigen Exemplaren große Äste fehlen, um noch etwas Luft und Licht an die anderen Pflanzen am Boden kommen zu lassen. Teilweise fantastisch bewachsen mit Moosen, Flechten und Farnen.
Um 20 Uhr sind wir die letzten, die den Garten verlassen und wir hätten noch so viel zu entdecken gehabt.
Auch der Palast und die kleine Kirche scheinen einen Besuch wert zu sein, doch auch hier fehlt die Zeit, da wir lange und ausgiebig fotografiert haben. Beseelt fahren wir zurück zum Boot, laden die Bilder von den Speicherkarten, laden die Akkus für den nächsten Tag und fallen ins Bett. Eine super glückliche Sibylle.
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